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Impuls: Mut zur Lücke – Warum Vertrauen in die kindliche Risikokompetenz uns zu besseren Pädagogen macht

Unsere Gesellschaft ist geprägt von dem Wunsch nach maximaler Sicherheit. Dieser Druck zur “Überbehütung” macht auch vor der Pädagogik nicht halt. Als Erzieher stehen wir oft im Spannungsfeld zwischen unserer Verantwortung, die Kinder zu schützen, und unserem pädagogischen Auftrag, sie zu befähigen, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.

Dieser Impuls plädiert für den “Mut zur Lücke”: das bewusste Zulassen von kalkulierbaren Risiken als zentrales Element der Entwicklungsförderung. Es ist ein Plädoyer für das Vertrauen in die kindliche Kompetenz.


Risiko vs. Gefahr: Eine entscheidende Unterscheidung

  • Gefahr ist ein unkalkulierbares, unkontrollierbares Risiko, das zu schweren Schäden führen kann (z.B. eine ungesicherte Straße, ein morscher Ast über dem Spielplatz). Gefahren müssen von uns Erwachsenen erkannt und beseitigt werden.
  • Risiko ist eine überblickbare Herausforderung, bei der das Kind die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten zu erproben und aus dem Ergebnis zu lernen (z.B. auf einen Baumstumpf klettern, mit einem Schnitzmesser arbeiten, über einen Bach balancieren). Risiken müssen von uns pädagogisch begleitet werden.

Unsere Aufgabe ist es nicht, alle Risiken zu eliminieren, sondern Gefahren zu erkennen und den Kindern einen sicheren Rahmen zu bieten, in dem sie sich Risiken stellen können.

Der doppelte Gewinn: Was Kinder UND Pädagogen lernen


Drei Schritte zum “Mut zur Lücke”

  1. Risiko-Analyse durchführen (Der Kopf)
    Bewerten Sie die Situation professionell: Was ist das realistische Verletzungspotenzial? Welche Kompetenzen hat das Kind bereits? Welche Sicherheitsregeln sind etabliert? (z.B. “Beim Schnitzen sitzen wir und schnitzen vom Körper weg”).

  2. Begleiten, nicht verhindern (Das Herz)
    Anstatt “Pass auf!” oder “Das ist zu hoch!” zu rufen, begleiten Sie den Prozess mit ermutigender Präsenz: “Ich sehe dich.”, “Du spürst gut, wo dein Fuß Halt findet.”, “Ich bin da, wenn du mich brauchst.”

  3. Gemeinsam reflektieren (Der Lernprozess)
    Sprechen Sie nach der Herausforderung über das Erlebte: “Wie hast du dich gefühlt, als du oben warst?”, “Was hat dir geholfen, es zu schaffen?”. Das verankert die Lernerfahrung.


Letzte Aktualisierung: 21. August 2025