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Was ist Nature-Based Learning? Die pädagogische Grundlage

Nature-Based Learning (NBL), zu Deutsch “naturbasiertes Lernen”, ist mehr als nur ein pädagogischer Trend – es ist der international anerkannte theoretische Ansatz, der modernen Natur- und Waldkindergärten zugrunde liegt. Er beschreibt eine pädagogische Philosophie, die die natürliche Welt bewusst und strategisch in den gesamten Lern- und Entwicklungsprozess von Kindern integriert.

In diesem Ansatz ist die Natur nicht nur eine zufällige Kulisse für das Spiel, sondern wird als aktiver Lernpartner und zentrales Organisationsprinzip verstanden. Dieser Artikel erklärt die Kernprinzipien des NBL und grenzt den Begriff von verwandten Konzepten ab.


Die Kernprinzipien des Nature-Based Learning

NBL basiert auf mehreren miteinander verknüpften Grundsätzen, die zusammen eine ganzheitliche und kindzentrierte Lernerfahrung schaffen.

1. Ganzheitlichkeit

Die Natur spricht alle Sinne und Entwicklungsbereiche gleichzeitig an. Eine matschige Pfütze ist zugleich ein sensorisches Erlebnis (Fühlen), ein physikalisches Experiment (Verdrängung) und eine soziale Interaktionsmöglichkeit (gemeinsames Matschen). NBL fördert Kinder körperlich, kognitiv, sozial und emotional in einem integrierten Prozess.

2. Direkte, authentische Erfahrung

Lernen im NBL ist erfahrungsbasiert. Anstatt über den Regen zu sprechen, erleben die Kinder ihn. Anstatt ein Bild von einem Käfer zu sehen, beobachten sie ihn in seiner natürlichen Umgebung. Dieses direkte, sinnliche Lernen schafft tiefere und nachhaltigere neuronale Verknüpfungen als abstraktes Wissen allein.

3. Kindzentrierung & Forschendes Lernen

Die natürliche Neugier des Kindes ist der Motor des Lernprozesses. Die Umgebung bietet unzählige authentische Impulse und “lose Teile” (Loose Parts), die zu Fragen, Experimenten und eigenständigen Entdeckungen anregen. Die pädagogische Fachkraft agiert als Lernbegleiter, der Impulse gibt, Fragen stellt und den Forschungsprozess unterstützt, anstatt fertige Antworten zu liefern.

4. Naturverbindung (Biophilie)

Ein zentrales Ziel des NBL ist der Aufbau einer tiefen, emotionalen und respektvollen Beziehung zur natürlichen Welt. Diese Verbindung – oft als Biophilie bezeichnet – ist nicht nur für das psychische Wohlbefinden des Kindes entscheidend, sondern legt auch den Grundstein für ein späteres Umweltbewusstsein und verantwortungsvolles Handeln.


Abgrenzung: NBL, Naturpädagogik & Waldkindergarten

graph TD
    subgraph "Die Ebenen des Konzepts"
        A(["**Nature-Based Learning (NBL)**
        Der internationale, wissenschaftliche Überbegriff
        (Die Theorie)"])
        
        B["**Naturpädagogik**
        Die konkrete pädagogische Fachrichtung
        (Die Praxis)"]
        
        C(("**Natur-/Waldkindergarten**
        Die spezifische Organisationsform
        (Der Ort)"))

        A -- "ist die Grundlage für" --> B
        B -- "wird umgesetzt in" --> C
    end

    style A fill:#e6f2ff,stroke:#005c99,stroke-width:2px
    style B fill:#e6f3e6,stroke:#006400,stroke-width:1px
    style C fill:#fff0e6,stroke:#ff8c00,stroke-width:1px

Die Begriffe werden oft synonym verwendet, beschreiben aber unterschiedliche Ebenen eines Konzepts:

  • Nature-Based Learning (NBL): Der internationale, wissenschaftliche Überbegriff für den pädagogischen Ansatz.
  • Naturpädagogik: Die konkrete pädagogische Fachrichtung und Praxis im deutschsprachigen Raum, die auf den Prinzipien des NBL aufbaut.
  • Natur-/Waldkindergarten: Eine spezifische Organisationsform einer Kindertageseinrichtung, die die Naturpädagogik als primäres Konzept umsetzt.

Ein Waldkindergarten praktiziert also Naturpädagogik, die auf den Prinzipien des Nature-Based Learning beruht.


Der wissenschaftlich belegte Nutzen

Der NBL-Ansatz ist keine rein ideologische Strömung, sondern seine positiven Effekte sind wissenschaftlich gut dokumentiert. Die Forschung zeigt signifikante Vorteile in zentralen Entwicklungsbereichen.


Fazit: Das Fundament moderner Pädagogik

Nature-Based Learning ist eine Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Es fördert Zukunftsfähigkeiten wie Kreativität, Problemlösungskompetenz und Resilienz und schafft einen notwendigen Ausgleich zur zunehmend digitalisierten Lebenswelt von Kindern. Indem es die angeborene Neugier und die natürliche Verbundenheit des Menschen zur Umwelt nutzt, legt es ein starkes Fundament für lebenslanges, selbstgesteuertes und nachhaltiges Lernen.


Letzte Aktualisierung: 24. Oktober 2025